Extreme Kälte

Wir alle haben schon kalte Winter in Mitteleuropa erlebt. Temperaturen bis -10°C sind auch bei uns in Deutschland keine Seltenheit.

Aktuell herrschen in dem klimatisch relativ milden Longyearbyen -27°C. In den östlicheren Tälern fallen die Temperaturen auf -30°C und darunter. Hinzu kommt der Wind-Chill-Faktor. D.h. bei einer gemessenen Temperatur von -25°C und leichtem Wind von 20 km/h erniedrigt sich die gefühlte Temperatur auf -35°C. Das ist mit nichts vergleichbar was wir in Mitteleuropa kennen. Es sind außergewöhnliche Vorkehrungen gegen Wärmeverlust und Erfrierungen zu treffen, bevor man sich der Kälte aussetzt.

Die Vorbereitung gleicht einem Weltraumspaziergang (und ähnlich sieht man damit auch aus). Mehrere Schichten Merino-Unterwäsche, mehrere Lagen Socken, dicke Woll- oder Fleecepullover, gefütterte Hosen, dicke Daunenjacken, sehr warme Arktis-Stiefel, mehrschichtige Handschuhe, sowie Kopf- und Gesichtsbedeckung sind ein Muß.

Das Kamera Dilemma

Ausreichenden Schutz der Hände bieten nur dicke Fäustlinge. Fingerhandschuhe isolieren bei diesen Temperaturen nur unzureichend. Leider kann man mit warmen Fäustlingen keine Kamera bedienen. Das geht entweder mit bloßen Händen, oder einem dünnen Innenhandschuh. Dessen Isolation ist aber so schlecht, dass die Hand schon nach einer Minute ausgekühlt ist und danach wieder mühsam aufgewärmt werden muss. Verpasst man die rechtzeitige Aufwärmung, schafft man es aus eigener Kraft nicht mehr.

Nicht selten hatten wir vor lauter Foto-Begeisterung versäumt, usere Hände wieder rechtzeitig zu schützen. Derartige Kälte führt zu starken körperlichen Schmerzen. Besonders dann, wenn man zurück in die Wärme geht.
Bei Wind oder Fahrtwind müssen Gesicht und Nase besonders gut geschützt werden. Sturmhaube und Gesichtsmaske sind bei Scooterfahrten unabdingbar. Hat man dennoch eine exponierte Stelle, sind Erfrierungen die Folge. Dies fühlt sich an wie eine erst- oder zweitgradige Verbrennung.

Die Feuchtigkeit der Atemluft gefriert in Barthaaren, Augenbrauen und Wimpern. Letztere können zusammenfrieren und müsen angetaut werden, um wieder sehen zu können. Trotz sehr guter Ausrüstung ist irgendetwas immer kalt. Fußzehen, Finger, Gesicht. Mit Bewegungsübungen müssen die Körperteile dann wieder auf Temperatur gebracht werden. Das klappt nicht immer gut. Spitzbergen ist um diese Jahreszeit lebensfeindlich und Exkursionen sind immer unbequem. Aber wer nicht raus geht wird auch nichts sehen.

Bei diesen extremen Bedingungen werden ganz einfache und alltägliche Tätigkeiten zur echten Herausforderung. Der Wechsel eines Kamera-Akkus, oder einer Speicherkarte dauert bei gemäßigten Temperaturen wenige Sekunden. Hier muss zunächst der Handschuh ausgezogen werden, um z.B. die kleine Schutzhülle der neuen SD-Karte zu öffnen. In gleichem Maße muss die volle Karte gesichert und verstaut werden. Das dauert Minuten und die Finger sind danach taub und kalt.

Kamera tiefgefroren

Die Kamera-Ausrüstung zu Wartungsarbeiten (wie z.B. Objektivwechsel etc.) in einen geheizten Raum bringen wäre eine ganz schlechte Idee (und man macht das nur einmal). Bringt man die Linse mit einer Temperatur von -25°C in einen warmen Raum, schlägt sich dort augenblicklich Feuchtigkeit nieder und bildet sofort eine Frostschicht. Das Objektiv ist damit für längere Zeit unbrauchbar. Besser ist es, die Technik kalt zu lassen und nur innerhalb des Fotorucksacks in warme Räume zu bringen und diesen auf keinen Fall zu öffnen. Die Feuchtigkeit schlägt sich dann im Taschenmaterial nieder und nicht auf der Kamera. Das bedeutet, alle Wechsel müssen in der Kälte durchgeführt werden. Das wiederum ist schlecht für die Finger.

Es erstaunt mich immer wieder, wie robust die Canon 70D Spiegelreflexkamera ist. Sie arbeitet auch noch bei -30°C. Im Display verblassen zwar LCD-Elemente, aber der Spiegelmechanismus funktioniert tadellos und auch die Akkus halten lange durch.

Für schnelle Aufnahmen habe ich immer noch eine kleine Lumix unter der Jacke. Hier sieht man einen deutlichen Qualitätsunterschied. Die kleine Kompaktkamera winkt schnell mit der weissen Fahne. Der Akku geht binnen kürzester Zeit von voll auf niedrig. Ich kann sie nur am Leben erhalten, indem ich sie unter der Daunenjacke nahe am Körper trage.

Ohne Schuhe ins Museum

Eine auf den ersten Blick seltsame, aber nachvollziehbare Sitte ist es, im Museum oder anderen öffentlichen Einrichtungen die Schuhe auszuziehen. Dies entspricht der norwegischen Gepflogenheit, vor Betreten einer Privatwohnung im Hausflur seine Straßenschuhe gegen Hausschuhe zu tauschen. Hier in Longyearbyen geht das zurück auf den Kohlebergbau, der hier bis in die 90er Jahre aktiv war. Damals waren die Straßen offensichltich schwarz vom Kohlestaub, den man weder in Wohnungen, noch in öffentliche Gebäude tragen wollte.

In einem Museum erscheint dies zunächst etwas ungewöhnlich. Würde hier jedoch jeder mit seinen Stiefeln hinein stapfen, sähe der schöne Fußboden in Kürze furchtbar aus. Statt dessen lässt man seine Schuhe im Eingangsbereich zurück und tauscht sie gegen waschbare Gummi-Sandalen, die es in den unterschiedlichsten Größen gibt. Das System funktioniert hier sehr gut, aber man stelle sich dies zum Spaß im Deutschen Museum vor. 😉

Für Wertgegenstände gibt es kleine Schließfächer, deren Benutzung kostenlos ist. Jacken und Schuhe lässt man offen im Eingangsbereich stehen. Es scheint hier nichts weg zu kommen.

Museen

In Longyearbyen gibt es zwei sehenswerte Museen, deren Besuch sich für Schlechtwettertage anbietet. Das Svalbard Museum und das North Pole Museum. Beide sind nicht sehr groß, jedoch mit viel Liebe zum Detail aufgebaut. Das North Pole Museum bietet sehr viel Textinformationen zu den Exponaten, so dass eventuell nicht alles mit einm Besuch erfaßt werden kann. Daher darf man mit dem Ticket auch an den Folgetagen nochmals kostenlos die Ausstellung besuchen.

Das Svalbard Museum ist sehr modern gestaltet. Der Besucher befindet sich in mitten der Exponate oder rekonstruierten Szenen. So kann man sich beispielsweise eine Jagdhütte aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts von innen ansehen. Das Haus ist zur Hälfte aufgeschnitten und vermittelt einen räumlichen Einblick. Im Außenbereich sind Fallen und Werkzeuge aus der Zeit aufgebaut. Andere Szenen sind als Dioramen gestaltet. So z.B. der Fang und die Verarbeitung von Walen auf der Insel.

Der Besucher erfährt viel über die wechselhafte Geschichte der Inselgruppe, deren Flora und Fauna, sowie Geologie und Bodenschätze.

Ein kleines, aber sehr schönes Museum. Unser Top Tipp für Schlechtwettertage.

Kurs auf Svalbard 78N 15E

Svalbard oder auch Spitzbergen liegt ungefähr zwischen dem Nordkap (835 km) und dem Nordpol (1.300 km). Seit dem Spitzbergen-Vertrag von 1920 ist die Inselgruppe unter norwegischer Verwaltung und Gesetzgebung. Der Zutritt darf anderen Nationen jedoch nicht verwehrt werden. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen oder Bodenschätze darf durch Gesetze untersagt, oder beschränkt werden. Jedoch nicht aufgrund nationaler Zugehörigkeit, sondern nur aufgrund bindender Gesetze, die für alle gleichermaßen gelten.

Reisezeit

Am 14. Februar endet auf Spitzbergen nach 84 Tagen Dunkelheit die lange Polarnacht und die Sonne kommt erstmals wieder über den Horizont. Den Ort Longyearbyen erreichen die ersten Sonnenstrahlen allerdings erst am 8. März, aufgrund seiner Lage in einem Trogtal. Die angestrahlten Bergspitzen auf der anderen Seite des Advent-Fjords künden jedoch von der hellen Jahreszeit. Die Sonne wird von allen Bewohnern sehnsüchtig erwartet. In dieser Zeit ist die Zunahme der Tageslänge immens. Schon am 2. Tag verlängert sich das Tageslicht von 95 Minuten auf fast 2,5 Stunden. Mitte April geht die Sonne für 99 Tage gar nicht mehr unter.

Ende Februar bis Anfang März hat man die perfekte Balance zwischen echter Nacht und ausreichend Tageslänge für Aktivitäten. Auch die langen Phasen der Dämmerung verleihen den weiß verschneiten Bergen ein wunderbares blaues Licht. Die Reflexionen der verschneiten Hänge liefern zusätzliche Helligkeit, sodass es auch nach Sonnenuntergang noch mehrere Stunden hell bleibt.

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Material und Methoden

Ein Rückblick auf die Ausrüstung

Die wichtigste Frage beim Packen der Taschen: Was werde ich brauchen, und was nicht? Obwohl dies nicht unsere erste Winter-Tour nördlich des Polarkreises ist, stellten wir uns im Vorfeld diese Frage immer wieder, packten Dinge ein… und auch wieder aus.

Die Kombination mit der Schiffsreise machte die Entscheidung nicht einfacher. Wir untergliedern daher zwei Bereiche für die Ausrüstung an Bord und an Land.

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Musher für einen Tag

Das wichtigste Fortbewegungsmittel im Winter abseits der Straßen ist nach dem Snowmobil der Hundeschlitten. Es gibt hier einige Betriebe, die Ausfahrten mit dem Hundeschlitten anbieten. Hier lohnt es sich, genau zu vergleichen und auf Empfehlungen Einheimischer zu hören. Es gibt Anbieter, die auf Massenabfertigung optimiert sind. Dort wird man in einen fertig vorbereiteten Hundeschlitten gepackt und eine Stunde übers Eis kutschiert. Das war nicht unsere Vorstellung. Wir fanden jedoch ein kleines Unternehmen, bei dem man unter Anleitung alles selbst machen darf und das nur Kleingruppen mit maximal 4 Schlitten (8 Personen) führt.

Die Basis von Birk Husky liegt tief im Pasvik Nationalpark am Pasvik Fluss, der auch gleichzeitig Grenzfluss zu Russland ist.

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Kurzbesuch in Finnland

Auch wenn es nicht auf den ersten Blick auffällt, so ist die geographische Länge von Kirkenes sehr weit östlich. Mit 30° 3′ O liegt es östlich von Alexandria (29° 56′ O)

Die norwegische Finnmark bildet mit Russland und Finnland ein Drei-Länder-Eck. Im Prinzip eine gute Gelegenheit, alle drei Länder zu besuchen. Mit einem Russland-Besuch sind jedoch viele bürokratische Hürden verbunden, die uns im Vorfeld davon Abstand nehmen ließen. Wer glaubt, ein ESTA-Visum für die USA sei umständlich zu bekommen, der möge mal bei der Russischen Botschaft anklopfen. 😉

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Unruhige Nacht auf der Barentssee

Tag 6 – Båtsfjord bis Kirkenes

Östlich vom Nordkapp bis zur russischen Halbinsel Novaya Zemlya erstreckt sich die Barentssee. Unmittelbar ab dem Nordkapp bewegt sich die Schiffahrtslinie der Hurtigruten in mehr oder weniger ungeschützten Gewässern. D.h. keine vorgelagerten Inseln, die Wind und Wellen abhalten.

Schon zum Dinner am Vorabend rutschte Besteck von den Tischen und quer durch den Raum. Jetzt machte sich das Anti-Rutsch Gedeck, das an jedem Platz liegt, bezahlt und hielt zumindest Teller und Tassen an Ort und Stelle. Suppe konnte bequem passiv gelöffelt werden. Einfach den Löffel an den Schalenrand halten und warten bis die Flüssigkeit hineinschwappt.

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